Wie man mit seiner Baustelle die Nachbarn (nicht) in den Wahnsinn treibt
Eine Baustelle geht immer mit Beeinträchtigungen der Nachbarn einher. Mal ist die Straße von einem Lieferanten zugeparkt, mal steht Baumaterial im Weg, die Straße wird vom Tiefbauer verschmutzt. Die ganze Straße ist im Rahmen der Hausstellung gesperrt, weil Kran und Liefer-LKW alles blockieren. Oft gibt es Lärm oder Staub. Manch ein Bauarbeiter kann sich nicht benehmen. Manchmal fliegt auch irgendein Abfall von der Baustelle quer durch die Landschaft und landet in Nachbars liebevoll gepflegtem Vorgarten. Und ab und zu gibt es sogar handfeste Schäden, die durch den Bau entstehen.
Schnell wird sich dann über “die Neuen” mit ihrer Baustelle aufgeregt und über sie gelästert, und man hat schon den ersten “Knatsch” mit den Nachbarn (und weiß oft nicht mal, wieso), bevor das Haus überhaupt steht.
Auch wenn man nicht jeden Ärger vermeiden kann und nicht jeder Nachbar zum besten Freund werden wird, kann man im Vorfeld einiges für eine guten Anfang der nachbarschaftlichen Beziehungen tun – hier seid Ihr als “die Neuen” in der Verantwortung.
Wer, was, wann: Infos retten Beziehungen
Nicht alle Beeinträchtigungen kann man vermeiden, das werden auch die meisten Nachbarn einsehen. Aber niemand hat Verständnis dafür, wenn er ohne Vorwarnung morgens vor einem wichtigen Termin eine halbe Stunde mit einem mürrischen LKW-Fahrer herumdiskutieren muss, damit er aus seiner eigenen Einfahrt herauskommt.
Daher ist es sehr wichtig, dass Ihr Eure Nachbarn so früh wie möglich mit den wichtigsten Informationen versorgt:
- Wer seid Ihr?
- Was passiert demnächst auf Eurer Baustelle?
- Was sind die wichtigsten Termine?
- Mit welchen Beeinträchtigungen ist zu rechnen?
- Wie seid Ihr bei Fragen oder Problemen zu erreichen?
Um das Informationsbedürfnis (bzw. die Neugier 😉 ) der Nachbarn zu befriedigen und sicherzustellen, dass auch jeder alle Infos hat, empfehle ich, ein kleines Info-Schreiben aufzusetzen und zu verteilen. Das muss nichts aufwendiges sein, eine einzelne Seite reicht meistens aus. Auf “hübsch” kommt es auch nicht an, wichtig ist, dass alle Infos drinstehen. Das Schreiben kann sich jeder daheim an den Kühlschrank hängen und hat so alle Infos jederzeit greifbar.
Das Info-Schreiben an die Nachbarn
In dem Schreiben solltet Ihr:
- Euch kurz vorstellen: “Wir sind die Familie Müller: Vater A, Mutter B, unsere 2 Kinder C und D und unser Golden Retriever E.”
- Euer Bauvorhaben erklären: “Wie Ihr vielleicht schon mitbekommen habt, werden wir in Kürze unser neues Haus auf dem Grundstück ABC-Straße 123 bauen. Hierbei handelt es sich um ein Ausbauhaus der Firma XYZ Haus, das in fertigen Teilen ab Werk geliefert und aufstellt wird und das wir im Anschluss in Eigenleistung innen ausbauen werden.”
- Die Eckdaten schildern und mögliche Einschränkungen benennen: “Hierzu wird am xx.xx.20xx mit den Tiefbauarbeiten begonnen, vom xx.xx.20xx bis zum xx.xx.20xx wird die Bodenplatte erstellt und vom xx.xx.20xx bis zum xx.xx.20xx wird unser Ausbauhaus aufgestellt. An den jeweiligen Tagen wird die Straße vor dem Grundstück aus Sicherheitsgründen teilweise/vollständig gesperrt. Außerdem ist evtl. bereits am Vorabend mit Behinderungen durch den Autokran und mehrere große LKW zu rechnen. Wir empfehlen Euch, an diesen Tagen die Autos etwas außerhalb zu parken, falls Ihr früh weg müsst.”
- Um Verständnis werben: “Wir wissen, dass ein Bau nie ganz ohne Beeinträchtigungen für die Nachbarn abläuft, werden uns aber bemühen, diese so klein wie möglich zu halten und auch unsere Bau-Firmen entsprechend anweisen.”
- Alle zum Richtfest einladen: “Am Abend des ersten Haus-Stelltages (xx.xx.20xx) möchten wir Euch zu einem kleinen Richtfest direkt auf der Baustelle einladen. Wir werden ab ca. xx Uhr vor Ort sein und freuen uns darauf, mit Euch auf das neue Haus anzustoßen!”. Falls Ihr den genauen Termin des Richtfests noch nicht kennt, kündigt Ihr in dem Schreiben einfach eine kurzfristige Einladung zum Richtfest an und gebt dann noch mal Bescheid, wenn der Termin steht.
- Eure Kontaktdaten angeben: “Falls Ihr Fragen habt oder es irgendwelche Probleme gibt, sprecht uns bitte direkt an. Falls wir mal nicht vor Ort sind, hier unsere Festnetz- und Mobil-Nummern: xxxxx”
Bonus-Tip
Mit etwas Humor die Situation versüßen: “Anbei findet Ihr etwas Nervennahrung, falls die Bauarbeiten Euch einmal auf den Zeiger gehen… 😉 “. Man kann dem Brief dann zum Beispiel eine kleine Tafel Schokolade oder eine andere süße Aufmerksamkeit beilegen.
Gleich mal “Hallo” sagen
Diesen Brief (und die Nervennahrung) könnt Ihr natürlich einfach in jeden Briefkasten in der Nachbarschaft werfen. Damit ist der “Informationspflicht” sicherlich Genüge getan. Ich würde allerdings empfehlen, sich ein wenig Zeit zu nehmen und Abends oder am Wochenende, wenn die meisten daheim sind, einfach mal kurz zu klingeln und die Infos persönlich zu übergeben. Zum einen lernt Ihr dann auch schon mal die ersten Nachbarn kennen. Zum anderen ist es meines Erachtens auch ganz wichtig, dass die Nachbarn ein Gesicht zu Euren Namen haben. So erkennt man Euch auch mal auf der Straße und verwechselt Euch nicht mit irgendwelchen Bauarbeitern.
Im Gespräch ergeben sich sicherlich auch die ersten Anknüpfungspunkte. Fast jeder hat ja schließlich schon mal gebaut oder kennt jemanden, der gerade baut, etc. Ihr werdet natürlich nicht alle Nachbarn gleich antreffen; Aber bei denen könnt Ihr ja immer noch die Infos in den Briefkasten geben.
Charmanter Nebeneffekt
Die Nachbarn passen auch auf, wenn Ihr mal nicht da seid. Mich rief auch mal ein neuer Nachbar an, als ein Lieferant vor verschlossener Baustelle stand und schon wieder abfahren wollte. Der Nachbar nahm dann die Lieferung in meinem Namen an, kontrollierte sie und brachte mir Abends noch den Lieferschein vorbei. 😉 Bei einem anonymen Bauherren, den keiner kennt, würde man sich sicherlich nicht die Mühe machen.